Beispiel Questreihe I: Mara kennenlernen
Die Vorbereitung
Beginnen wir mit einer kleinen Questreihe, mit der meine Schüler die Abenteuerwelt starten. Die Rahmenhandlung hierfür lässt sich mit etwas Fantasie auch auf andere Klassen und Lerninhalte übertragen. So verwende ich die hier vorgestellte Storyline sowohl für Grammatik in Klasse 5 als auch für Kurzgeschichten in Klasse 8. Für das konkrete Beispiel nehme ich Klasse 5, Thema “Einführung in den Satzbau”.
Erste Aufgabe im Deutschbuch hierzu ist, Satzglieder durch die Umstellprobe zu erkennen.
So far, so boring.
Also packen wir jetzt alles, was wir bisher über storydriven und immersive Gamification in meinen entsprechenden Guides gelernt haben und wenden es hier an.
Die erste Herausforderung für mich lag darin, die Abenteurer auf Maras Spur zu bringen. Also ließ ich mir etwas einfallen. Ich wollte mit einem Schüler oder Schülerin etwas ausspielen, ein wenig wie eine Situation an einem Rollenspielabend:
In der Stunde vor dem direkten Start mit Classcraft fand eine Schülerin ein von mir ausgedrucktes Schriftstück auf Pergament, das ich mit “Mara Stormgald” unterschrieben habe. Sie war sehr überrascht, das Pergament an ihrem Platz zu finden und natürlich wurde die Klasse darauf aufmerksam. Alle waren neugierig, was darauf zu sehen war:
Die Schülerin kommt auf die Idee und sagte beim näheren Betrachten: “Ich kann das gar nicht lesen! Nur unten den Namen”
Ich: “Stimmt! Das ist eine Sprache, die du nicht beherrschst. Wieso steht da unten ein Name? Wer könnte das sein?”
Sie: “Die Besitzerin! Ihr gehört das Pergament bestimmt.”
Ich: “Richtig! Und wie bringst du das Pergament jetzt zurück zu der Besitzerin?”
Die Klasse besprach mehrere Vorschläge und sie kamen darauf, dass man sich bis zu Mara durchfragen könne. Und ab dem Zeitpunkt tauchen wir in die Storyline der Gamification ein.
Die Storyline beginnt
Die Helden sind frisch in der kaiserlichen Hauptstadt Gareth angekommen und wollen sich zu Mara durchfragen, die ihnen dabei helfen kann, das Schriftstück zu entziffern.
Die von mir verfasste und bebilderte Story trug ich über den Beamer vor. Die Klasse sieht aber immer nur die Bilder. Den Text lese ich ihnen vor, weil ich in der Geschichte Platzhalter für die Namen der Schüler habe, da sie auch als Figur in der Story auftauchen können. Das ist ein Kniff für die Immersion.
Die kleine Geschichte lese ich ihnen, mit passender Musikuntermalung wie bei einem Rollenspielabend, vor. Bei RANDOM 1 setze ich spontan einen Namen eines Schülers ein. So spielen die Kids also auch eine Rolle in der Handlung.
Das beschränkt sich aber nicht nur auf einfache Dialoge oder Ähnliches, sondern es kann auch sein, dass einer der Schüler entführt wird und die andern müssen ihn befreien; oder sie müssen selbst einen Text verfassen, wie sie eine spannende Flucht beschreiben, weil die Protagonistin im Text auch vor einem Verfolger fliehen muss; oder wir behandeln einen Filmausschnitt mit einem Banküberfall und die Schüler müssen das Fluchtauto fahren, um mit den Goldstücken zu entkommen, wobei der Erfolg oder Misserfolg dann mit 1W20 (einem zwanzigseitigen Würfel, wie wir Rollenspieler sagen 😎) ausgewürfelt wird usw. Es gibt also unzählige Möglichkeiten, den Unterrichtsgegenstand so zum Leben zu erwecken.
Nun aber wieder zurück zu unserer Einsteiger-Storyline.
Nach der obigen Einleitung lasse ich einige Schüler mit 1W20 würfeln. Wer eine 1-5 würfelt, bekommt stellvertretend für die Klasse einen Hinweis, denn derjenige sieht sich um und betrachtet den Ort des Geschehens etwas genauer. Er hat im Screenshot unten die Rolle von RANDOM 3:
Erst jetzt fangen die Schüler mit der Aufgabe im Buch (bei uns heißt das Schulbuch “Quest Log”) an. Sie müssen als Einführung in die Thematik Übungssätze auf möglichst viele verschiedene Weisen umstellen, um die einzelnen Satzglieder herauszubekommen. Wenn die gesuchten Kombinationen vorgetragen wurden, meldet sich der Türknauf mit einem wohlwollenden “Mhm!”. Als alle Sätze durchgespielt wurden, öffnete sich die Türe und die Klasse sah nun Maras Haus in Form einer Lernlandkarte:
Die Geschichte geht nun weiter:
Jetzt mussten die Schüler im Endeffekt einfach mehr Übungsaufgaben zur Satzumstellung machen. Wenn sie Mara mit ihren neu erworbenen Wissen beeindrucken konnten (und das haben sie, verdammte Axt!), dann würde Mara sie in das Labor mitnehmen. Als Nächstes sollten sie laut Buch Satzteile durch Pronomen oder Alternativen ersetzen und so eine kurze Geschichte abwechslungsreicher gestalten. Die vorgeschaltete Story sah so aus:
Nach der Quest kam es zu einer kleinen Verschnaufpause, denn wir mussten alles neu Gelernte erstmal in unseren Abenteuerbüchern (Heftaufschriebe) sichern. Danach kam die Klasse endlich zu dem Ort, wo es besonders nach Rauch und Ruß stank.
Es stellte sich in einem gespielten Gespräch mit Mara heraus, dass sie beim Spalten und Umstellen von Sätzen einen Fehler gemacht hatte. Da flog ihr der Satz eben mit einem lauten Knall um die Ohren. Sätze haben ‘ne ganz schöne Energie, die schlagartig freigesetzt wird, wenn man sie spaltet und unfachmännisch neu zusammensetzt. Sollte ja eigentlich jeder wissen.
Nun ging es um die grundlegende Einführung von Nebensätzen. Im Schulbuch werden sie zunächst einfach nur “Nachfeld” genannt und die Metapher “unter die Lupe nehmen” nahm ich für den nächsten Storyabschnitt wortwörtlich:
Hier folgten dann weitere Übungen zu dem Thema Nebensätze und eine grundlegende Übersicht der Nebensatzarten.
Jedenfalls hatten die Abenteurer letztendlich alles über Satzglieder und Nebensätze gelernt. Die Klasse erklärte sich natürlich bereit, das Labor wieder aufzubauen. Endlich konnte Mara ihnen im frisch aufgeräumten Alchemielabor Tränke und andere magische Utensilien für die weiteren Heldenreisen herstellen. Die Klasse hat den Item-Shop freigespielt! Hier findet ihr einen Guide zum Item-Shop.
