Vorwort zu den Gamification-Beispielen
Meine Gamification ist zwischenzeitlich nicht nur stark storydriven, sondern auch immersiv. Letzteres bedeutet, dass ich Elemente aus Pen-and-Paper-Rollenspielen verwende, um den Unterrichtsgegenstand lebendig zu machen und die Schüler so in den Unterrichtsstoff hineintauchen können. . Hier kommt mir zugute, dass ich seit 1996 eine große Menge Erfahrung als Rollenspiel-Spielleiter (Das Schwarze Auge, Cyberpunk 2020, Earthdawn) gesammelt habe. Ich weiß, wie ich stundenlange Rollenspielsessions packend gestalten kann. Warum sollte das also nicht auch im Unterricht funktionieren?
Kurze Antwort: Es funktioniert.
Anfang 2020 kam ich auf die Idee, diese immersiven Elemente mit dem Storytelling zu verknüpfen, sodass der Unterrichtsstoff zum Leben erweckt wird. Mit Classcraft als Unterbau für die Gamification habe ich einen entscheidenden Vorteil: Die Schüler sind Fantasyfiguren, sie haben einen Avatar, einen Stellvertreter ihrer Selbst in dieser Fantasywelt, wo sie auf Mara und alle anderen Mentorenfiguren treffen können. Also können sich die Schüler in Form ihrer Avatare durch die Textwelten bewegen und an ihnen teilnehmen und stellenweise sogar eingreifen. Der zweidimensionale Text wird durch die Fantasie im Kopf zu einem dreidimensionalen, erlebbaren Raum!
Am besten kann man sich das vergegenwärtigen, wenn ihr an eure eigenen Lesegewohnheiten als Kinder oder Jugendliche denkt: Ihr lest das Buch ja nicht nur. Ihr habt euch bestimmt vorgestellt, ihr würdet die Figuren begleiten, das Geschehen im Buch miterleben, auf eine Abenteuerreise in eurem Kopf gehen. Und ihr euch bestimmt auch vorgestellt, ihr könntet mit den Figuren reden oder den Lauf der Geschichte ändern, weil ihr die Figuren warnen wolltet oder sie zu einer anderen Entscheidung überreden wolltet usw. Genau das ist durch die immersive Gamification möglich: Lesen wir beispielsweise den Hobbit, dann stellen wir uns vor, wir begleiten Bilbo und die Zwege durch Mittelerde. Unterwegs haben wir auch die Möglichkeit, mit ihnen zu reden, Interviews für unsere Aufzeichnungen zu führen und stehen ihnen zur Seite, wenn sie sie mit Orks oder Trollen prügeln. Denn gerade die Kämpfe kann man mit Classcraft und ein paar Würfeln recht einfach und schnell simulieren, aber der Effekt auf die Schüler ist immens: Werden meine Schüler in der Pause von den Kameraden aus der Parallelklasse gefragt: “Und, was macht ihr gerade in Deutsch?”, lautet die Antwort begeistert: “Wir haben mit Bilbo und den Zwergen gegen die Orks gekämpft!” Man merkt an diesen Kommentaren, dass sie sich darauf einlassen.
Die Beispiele, die ihr hier nach und nach finden werdet, sind das Anspruchsvollste, was ich bisher gemacht habe. Lasst euch also nicht entmutigen oder abschrecken. Ich habe meine Form der Gamification in über 10 Jahren entwickelt. Mein Erfahrungsschatz aus 27 Jahren als Spielleiter fließt bei der Gestaltung meiner Gamification mit ein. Außerdem habt ihr einen entscheidenden Vorteil, den ich nicht hatte: Ich hatte niemanden, an dem ich mich orientieren oder bei dem ich etwas abschauen konnte. Ich konnte mich mit niemandem austauschen. Ich war tatsächlich deutschlandweit der Erste, der Classcraft eingesetzt hatte und ich blieb es auch für mehrere Jahre. Also, macht euch den Vorteil zunutze! 😀